Ereignisbericht lesen

    



 Patient mit zuschwellendem Atemweg im Dienst und NottracheotomieRiskoeinschätzung
Bedeutung ⁄ Schweregradgefährlich ⁄ kritisch / positives BeispielHäufigkeitweniger als ein mal pro Jahr
Riskiko / Schwere: 0  ∼   Häufigkeit: 0
Rolle im Ereigniskeine Angabe / aktivBerufserfahrungkeine Angabe
PatientenzustandPatient wenige Tage postop auf der Ãœberwachungsstation
Wichtige Begleitumstände"Es gibt zwei diensthabende Anästhesisten. Der erste, erfahrenere Kollege macht den Zentral-OP, Der zweite, weniger erfahrene Arzt versorgt ""Aussenkliniken""."
Fallbeschreibung

(Was, Warum, Kofaktoren, Maßnahmen, Verlauf, Epikrise)

Anruf vom diensthabenden Chirurg (Kopf-Halsbereich), dass ein Patient zunehmende Luftnot hat. Anästhesist 2 (A2) geht auf Ãœberwachungsstation. Dort RR sys > 180 mmHg, f > 115/min, SR, Dyspnoe. Patient gibt Behinderung des Atemwegs an. Da die Ãœberwachungsstation zur Notfalltherapie nicht geeignet erscheint (wenig bekannte Arbeitsumgebung), Entscheidung sofort unter O2-Insufflation in OP zu gehen. Anruf diensthabende Anästhesiepflegekraft, alles notwendige vorzubereiten. Anruf an 1. diensthabenden Anästhesisten (A1), ob er frei ist. Wird bejaht, da A2 jedoch schon einige Male im Regelbetrieb fiberoptisch intubiert hat, soll laut Anweisung seitens A1 der A2 selber intubieren. A1 kommt zunächst nicht zur Einleitung dazu. In der Einleitung im OP-Bereich erfolgt fiberoptische Inspektion Larynx unter leichter Sedierung: massiv prall ödematös geschwollene Stimmlippen, kein Spalt erkennbar, der Patient winkt zwei Mal waagerecht. Wird als Zeichen der absoluten Atemwegsverlegung gewertet ---> Succi i.v. und Versuch mit Fiberoptik unter Gewaltanwendung die Trachea zu erreichen. Der Versuch scheitert. In diesem Moment kommt der Hintergrundoberarzt der operativen Klinik um die Ecke, der die sofortige Notfallkoniotomie beginnt. A2 läßt A1 anrufen, damit dieser sofort dazukommt. SPO2 des Patienten sinkt bis auf 79%. Auf Notfalltisch ist nur eine ID 9,0 Trachealkanüle vorbereitet. Diese kann nicht eingeführt werden, da zu groß. Anreichen eines kleinen Trachealtubus mit anschliessender erfolgreicher Platzierung. Sättigung steigt sofort wieder so schnell auf 100% wie anfangs der Abfall stattgefunden hat. Patient presst gleich wieder und bekommt vertiefte Narkose. Danach kommt A1 dazu und kann sich nur noch den Fall schildern lassen. Wenige Stunden nach der Notfallsitutation ausschleichen der Sedierung auf der Intensivstation, der Patient reagiert wieder auf Fragen adäquat durch Kopfnicken oder Schreiben.Schlagwörter
Anästhesie
Kopf (Augen, HNO, MKG)
Atemweg
Sonstige Geräte
Aus- und Weiterbildung
Was war besonders gut

(hat zur Abschwächung des Ereignisses oder zur Verhinderung geführt?)

1) Die Pflegekraft auf der Überwachungsstation hat schnell reagiert und die Diensthabenden verständigt 2) Der Hintergrundoberarzt der operativen Abteilung hat nicht auf den eigentlich abgemachten Anruf gewartet und kam aus eigenem Antrieb von selbst ins Krankenhaus gefahren. (Eigentlich wollte der Klinikassistent nochmals anrufen, wenn sein Kommen notwendig erscheinen würde. Das wurde dann aber in der Akutsituation vergessen.) 3)Eine sehr erfahrene Anästhesiepflegekraft hat superschnell alles aufgebaut, ohne dass dadurch eine Verzögerung eingetreten ist (obwohl sie erst informiert wurde, nachdem A2 auf der Überwachungsstation war und nicht schon als A2 erstmalig informiert wurde). 4)Entscheidung sofort in den OP zu fahren um ein Heimspiel zu haben war richtig und von großem Vorteil.
Was war besonders ungünstig

(hat die Situation noch schlimmer gemacht)

-A1 war zwar informiert, kam aber erst, als alles vorbei war. -Anästhesiepflege wurde zu spät informiert (war zwar für den Fall nicht negativ, da schnell gearbeitet wurde, brachte aber der Pflegekraft sicherlich zusätzlichen unnötigen Stress). -Auf Notfal
Eigener Ratschlag 1)Alle potentiellen Beteiligten frühzeitig informieren. 2)Darauf drängen, daß in Notsituationen ein zweiter Anästhesist oder OA dazukommt.
 Gedanken zur Analyse und zu Präventionsmöglichkeiten
- Bei derartigen Notfällen in ungewohnter Arbeitsumgebung (Wachstation, Normalstation) ist es gut und mitunter entscheidend, den Patienten in eine bekannte Arbeitsumgebung (hier: OP, aber auch AWR oder Intensivstation) zu bringen.
- Bereits bei der ersten Alarmmeldung sollte die Anästhesie-Pflegekraft mitgenommen werden - so kann die Notfall-"Team"arbeit schon gleich begonnen werden - das vorhandene Personal auf der (Wach-)Station ist mit diesen sehr akuten Situationen (insbesondere Atemwegssicherung) einfach oft überfordert. Auch muss der operative Kollege frühstmöglich informiert werden und - lieber einmal zuviel - anwesend sein.
- Gerade in operativen Bereichen mit Möglichkeit der Atemwegsverlegung durch Schwellung, Hämatom etc. (HNO, ZMK, Halsgefäßchirurgie etc.) sollte der Algorithmus zur Atemwegssicherung unter schwierigen Bedingungen bekannt sein und mit allen Beteiligten geübt werden (dabei auch: Wann wird welche Methode zur Atemwegssicherung mit welchem Material angewandt, Größe der Trachealkanülen etc.)
- Bei schwierigem Atemweg sollte versucht werden, die Spontanatmung möglichst lange unter Sauerstoffinsufflation zu erhalten (Vorsicht vor Relaxierung mit vermeintlich kurzwirksamem Relaxans Succinylcholin!!!) bzw. bei der fiberoptischen Intubation als "Wegweiser" zu nutzen. Weitergehende Sedierung / Relaxierung erst, wenn ein geeigneter Operateur für Tracheotomie / Koniotomie bereitsteht und die Ausrüstung gecheckt wurde.
- Bei Schwellungen im Halsbereich ist die konventionelle Koniotomie bzw. Tracheotomie oft deutlich erschwert. Hier sollten alternative Verfahren wie "Notrohr" oder z.B. die Koniotomie über Seldinger-Technik ("Melker-Set") in Erwägung gezogen werden. Der Umgang damit, gerade unter Notfallbedingungen, setzt natürlich oftmalige Übung "im Trockenen" voraus.
- Bei Hämatomen, z.B. nach Schilddrüsen- oder Carotis-Operationen, sollte auch daran gedacht werden, zur akuten, überbrückenden Entlastung der Schwellung die Naht zu öffnen (unter gleichzeitiger Notfall-Information an den Operateur!)
- Das Atemwegsmanagement in diesen operativen Bereichen könnte Beschäftigung für eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe sein (ärztliches und pflegerisches Prsonal!), damit Kommunikation, Vorgehen und Ausrüstung immer allen bekannt sind (--> interdisziplinäres Fortbildungsthema). Denkbar wäre die Einrichtung eines zentralen "Difficult Airway"-Wagens mit allem Equipment, wobei die Arbeitsgruppe auf eine sinnvolle Auswahl beschränken sollte anstatt alle möglichen, aber von niemandem beherrschten Tools mitzuführen.

- Gut war im vorliegenden Fall sicher die zügige Kommunikation und besonders die "Situation awareness" des chirurgischen Hintergrundoberarztes und der Anästhesiepflegekraft. Dass in einer solchen Situation nicht unmittelbar ein zweiter Anästhesist verfügbar ist, wird nicht ungewöhnlich sein - daher diese Situation in Gedanken öfter durchspielen und geeignete "Sicherungen" aufbauen. Atemwegszwischenfälle sind immer besonders heikel, weil oft nur sehr invasiv zu lösen und mit enormemm Zeitdruck!
 PaSIS-Analyse in einzelne Analyseeinheiten aufgegliedert
nur beschriebene Felder werden angezeigt

beitragender Faktor
Prioritäten, Fokus, strategische Ausrichtung - (Organisation)
- Da sich der Kollege/in die fiberoptische Inspektion selbst zutraute wurde in kleiner Besetzung begonnen. Im Nachhinein falsche Entscheidung. Im Vorhinein bei Fast-FA? vertretbar. Selbstüberschätzung des Ärztlichen Kollegens?

- War ein Grund der Dyspnoe eine Nachblutung nach ND? Dann wäre auch eine Entlastung durch Spreizen der Wunde zu fordern.

- Hier war zum Glück der ZMK-OA zufällig schon anwesend. Ein Nottracheotomie-Erfahrener Arzt sollte aber immer am Tisch bei Z.n. ND o.ä. stehen. Eine Nottracheotomie - gibt es die überhaupt. Eine Not KONIOtomie ist meist sinnvoller. Ist an die Möglichkeit des Notrohrs gedacht worden. Die Flucht nach vorne mit Succi bei nicht sediertem Patienten hat diesem die Chance genommen noch ein bißchen selber zu atmen und die Wahrscheinlichkeit so eine bessere Übersicht zu bekommen ist sehr vage.

- Bei zunehmender Luftnot und Verlegung des Atemwegs sollte doch auch der OA der operativen Abteilung schnellstens vor Ort sein.
- Leichte Sedierung, Präoxigenierung bis "Notrohr- oder Koniotomiebefähigter" anwesend ist!
- Notfall-OP ohne notwendiges Equipement ist nicht hinnehmbar! Dringend aufrüsten!
 Hauptkategorien
 · 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: Patient
 · 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: Organisation
 · 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: Kommunikation
 · 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: Arbeitsumgebung
 · 2 Analyseeinheiten aus der Kategorie: Team und soziale Faktoren
 · 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: Ausbildung
Alle Kategorien
Kenne Deine Arbeitsumgebung (Technik und Organisation) · Antizipiere und plane voraus · Hilfe anfordern, lieber früh als spät · Setze Prioritäten dynamisch · Ãœbernimm die Führungsrolle oder sei ein gutes Teammitglied mit Beharrlichkeit · Verteile Die Arbeitsbelastung (10-Sekunden-für-10-Minuten) · Mobilisiere alle verfügbaren Ressourcen (Personen und Technik) · klinischer Zustand, Bedingungen · Prioritäten, Fokus, strategische Ausrichtung · Prioritäten, Fokus, strategische Ausrichtung · verbale Kommunikation · Arbeitsbelastung, Arbeitsstunden · Rollenverhalten und -verständnis · Führung / Koordination · Angemessenheit von Ausbildung / Training · 
 Maßnahmen zum Fallbericht