Ereignisbericht lesen

    



 MedikationRiskoeinschätzung
Bedeutung ⁄ Schweregradgefährlich ⁄ kritisch / keine AngabeHäufigkeitnur dieses mal
Riskiko / Schwere: 0  ∼   Häufigkeit: 0
Rolle im EreignisArzt / Ärztin / aktivBerufserfahrungkeine Angabe
Patientenzustandintraoperativ stabiler Zustand eines Risikopatienten (hohes Alter, multiple internist. Vorerkrankungen)
Wichtige Begleitumständekombinierte Anästhesie (PDA + Allgemeinanästhesie)
Fallbeschreibung

(Was, Warum, Kofaktoren, Maßnahmen, Verlauf, Epikrise)

"Während des großen Oberbaucheingriffs fällt in der routinemäßigen BGA ein Blutzucker von > 200 mg% auf. Es wird die Gabe von 8 IE Altinsulin indiziert und die Aufwachraumpflegekraft um eben diese Dosis ersucht. Der Anästhesist erhält eine Insulinspritze und übergibt diese im OP mit den Worten ""bitte diese 8 IE Insulin verabreichen"" der Anästhesiepflegekraft. Diese repliziert angesichts der Spritze. ""8 IE - ist das verdünnt ?"" Jetzt fällt auch dem Anästhesisten (der sonst nie selbst Insulin verabreicht) auf, dass sich in der Insulinspritze 0,8 ml befinden. Die Anästhesieschwester fragt daraufhin im Aufwachraum nach und erfährt, dass es sich um 80 IE handelt - man habe geglaubt ""es solle ein Perfusor etabliert werden"". Anmerkung: dieser wird an der Abteilung IMMER mit 50 IE/50 ml zubereitet, eine derartige Anordnung mit 80 IE wäre daher höchst ungewöhnlich - und wurde schließlich auch nicht getätigt."Schlagwörter
Anästhesie
intraoperativ
Ãœber- Unterdosierung
Informationsfluss
Was war besonders gut

(hat zur Abschwächung des Ereignisses oder zur Verhinderung geführt?)

"Die Vigilanz der Schwester, sowie die verbale Kommunikation des Inhalts der Insulinspritze durch den Arzt: er hätte auch bloß sagen müssen: ""bitte verabreichen"", oder dies kommentarlos selbst tun können."
Was war besonders ungünstig

(hat die Situation noch schlimmer gemacht)

Patient in Narkose - eine schwere Hypoglykämie wäre vermutlich erst verzögert bemerkt worden.
Eigener Ratschlag IMMER kommunizieren, was sich in einer Spritze befindet, die jemand anders verabreichen wird - ähnlich wie der Dialog zwischen Flugzeug und Tower: hier wiederholt der Pilot ebenfalls immer die gerade erhaltenen Anweisung, um sein korrektes Verstehen zu bestätigen.
 Gedanken zur Analyse und zu Präventionsmöglichkeiten
Zur Entstehung dieses Beinahe-Zwischenfalls und vor allem zur Verhinderung negativer Folgen haben viele Faktoren beigetragen, ein ganz wichtiger Punkt in diesem Fall ist die Kommunikation.
Wir trennen die Analyse in Fakten und Annahmen.
Zur Verhinderung des Zwischenfalls beigetragen hat sicher die klare Kommunikation im OP. Der Anästhesist teilt der Pflegekraft mit, was sich seiner Meinung nach in der Spritze befindet, so dass die Pflegekraft, die offensichtlich sehr aufmerksam war, die Chance bekommt, kritisch nachzufragen. Eigentlich sollte eine derart klare Kommunikation bei jeder Medikamentenapplikation zur Routine gehören (der Inhalt der Spritze wird bei jeder Übergabe mitgeteilt und vor Applikation versichert sich der zu Applizierende nochmals, dass in der Spritze auch wirklich drin ist, was appliziert werden soll). Hier kommt hinzu, dass die Pflegekraft weiß, wie die Konzentration des Insulins in den Ampullen ist, so dass ihr auffällt, dass sich zuviel Insulin in der Spritze befindet (Insulin wird eben in der Regel von Pflegekräften verabreicht und nicht vom Arzt). Offensichtlich herrscht eine Atmosphäre, in der kritisches Nachfragen (= assertiveness: der in der Hierarchie niedriger gestellte hat das Recht und die Pflicht, die Vorgehensweise des ‚Höhergestellten’ kritisch zu hinterfragen und diesen auf eventuelle Fehler hinzuweisen) möglich und erwünscht ist.
Annahmen:
Über das was sich im Aufwachraum abgespielt hat, können wir nur spekulieren. Es stellt sich die Frage, ob der Pflegekraft im Aufwachraum klar war, wofür das Insulin benötigt wurde. Auch und gerade bei Personen, die nicht direkt in die Behandlung involviert sind, macht es Sinn, den Grund der Anordnung kurz zu nennen (z.B. 8 IE Insulin Bolus bei BZ von 200 mg%), so dass derjenige, der den Patienten nicht kennt, aber das Medikament aufziehen soll, in das mentale Modell des Anordnen eingeweiht ist. Zusätzlich wäre es wünschenswert, gerade bei mündlichen Anordnungen und dazu noch am Telefon, dass die Anordnung kurz wiederholt wird, so dass im Sinne eines Double Check noch mal überprüft wird, ob alles richtig verstanden wurde. Eine Frage, die wir anhand des Falles nicht beantworten können, ist, ob das Medikament auch von der Person aufgezogen wurde, die die Anordnung am Telefon entgegengenommen hat (je mehr Personen involviert sind, desto höher die Fehleranfälligkeit). Als zusätzliche Fehlerquelle kommt bei Medikamenten, wie Insulin, die im OP relativ selten benötigt werden und zudem noch im Kühlschrank gelagert werden müssen, dazu, dass sie oft nicht dort gelagert werden, wo sie appliziert werden, so dass Personen, die nicht direkt in die Patientenbehandlung involviert sind, das Medikament aufziehen.
Eine Frage, die sich in allen Phasen dieses Zwischenfalls stellt, ist die Frage, ob die Spritze adäquat beschriftet war. Hier ist der Applikationsort räumlich getrennt vom Ort, an dem das Medikament aufgezogen wurde, deshalb ist umso mehr eine eindeutige Spritzenbeschriftung zu fordern. Jeder, der ein Medikament anordnet oder appliziert, sollte sich von der Korrektheit der ‚5 R’ überzeugen (richtiger Patient, richtige Dosis, richtiger Applikationsweg, richtige Zeit, richtiges Medikament).

Maßnahmen: Teamsitzung mit Besprechung der 5 R und Schulung in klarer Kommunikation
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