Ereignisbericht lesen

    



 Kammerflimmern nach i.v.-Gabe von ToluidinblauRiskoeinschätzung
Bedeutung ⁄ Schweregradgefährlich ⁄ kritisch / keine AngabeHäufigkeitweniger als ein mal pro Jahr
Riskiko / Schwere: 5  ∼   Häufigkeit: 1
Rolle im EreignisArzt / Ärztin / aktivBerufserfahrungkeine Angabe
Patientenzustand
Wichtige Begleitumstände
Fallbeschreibung

(Was, Warum, Kofaktoren, Maßnahmen, Verlauf, Epikrise)

Patient zur Abdominal-OP, primär problemloser OP- & Narkoseverlauf. Zum OP-Ende hin keine spontane Diurese ins OP-Gebiet (kein DK) => keine Besserung auf Volumen- & Furosemidgabe. Vom Operateur wird nun Gabe von Methylenblau gefordert. Methylenblau aber nicht mehr verfĂĽgbar, nur Toluidinblau. Operateur wĂĽnscht Gabe von 1A i.v., diese wird langsam als KI appliziert. => Pat wird zyanotisch mit kurzem SO2-Abfall(Messfehler?) bei stabilem RR und unauffälligem EKG => FiO2 auf 1.0 . Hautfarbe und SO2 bessern sich nach kurzer Zeit, aber Bigeminus im EKG. Kurz darauf Kammerflimmern, durch präkordialen Faustschlag terminiert, Hilferuf. OP wird sofort beendet. Bis weitere Hilfe eintrifft und Notfallmedikamente vorbereitet sind: erneutes Kammerflimmern, nach kurzer HDM Sinusrhythmus. Gabe von H1- & H2-Blockern, Soludecortin H, Gabe von Amiodaron oder Suprarenin nicht erforderlich, keine Vasopressoren erforderlich. Patient kommt umgehend beatmet auf Intensivstation und wird dort problemlos extubiert. Labor, EKG und Neurologie komplett unauffällig.Schlagwörter
Allgemeinanästhesie
intraoperativ
Nebenwirkungen
Reanimation
Informationsfluss
Was war besonders gut

(hat zur Abschwächung des Ereignisses oder zur Verhinderung geführt?)

Flimmern unter Aufsicht, kein bleibendes Defizit
Was war besonders ungünstig

(hat die Situation noch schlimmer gemacht)

"Anwendender Anästhesist hat Touidinblau erstmals verwendet, vor Applikation kurzer Blick in IFAP-Index: kein Eintrag für NW, Risiken, KI! Missverständnis zwischen Gynäkologe (""Methylenblau"") und Anästhesist (""Toluidinblau"") über Dosierung. Vor 10 Monaten wurde von den Pasis-Betreibern eben dieser Fall in ""Pharmakovigilanz"" veröffentlicht und durchgesprochen."
Eigener Ratschlag "kein OFF-Label-Use! Wir versuchen, in allen Medikamenten-Schränken, die Toluidin-Blau-Fächer zu markieren: ""Cave Kammerflimmern bei IV-Anwendung"" Erneuter Hinweis an Hersteller, endlich und umgehend die Arzneimittelinformationen zu ergänzen und ggf. die Dosierungen oder Konzentrationen zu ändern"
 Gedanken zur Analyse und zu Präventionsmöglichkeiten
Bei diesem Zwischenfall handelt es sich um ein typisches Beispiel, wie Probleme von anderen Problemen ablenken können. Das Problem der nicht funktionierenden Blutdruckmessung wurde sehr gut gelöst, indem eine Manschette am Unterschenkel angebracht wurde, zeitgleich gab es aber ein anderes Problem, nämlich das CO2, das durch die Beschäftigung mit der Blutdruckmessung erst verzögert bearbeitet wurde. Wichtig bei diesem Zwischenfall finde ich die Tatsache, dass offensichtlich während der ganzen Situation auch noch ein Anästhesistenwechsel stattgefunden hat. Hier war eine zusätzlich Ressource verfügbar, die aber soweit dies aus dem uns vorliegenden Fall hervorgeht, nicht effektiv genutzt wurde. Erstens bietet eine strukturierte Übergabe die Chance, Probleme aufzudecken (indem man bei der Übergabe einzelner Parameter oder Organsystem über auffällige Werte ‚stolpert’). Vielleicht ist dies ja auch genau hier passiert. Danach hätte eine Arbeitsaufteilung stattfinden können, um beide Probleme (Hypertonus, hohes CO2) parallel zu lösen oder zusätzliche Ideen zu gewinnen. Erschwerend kommt sicher hinzu, dass aufgrund der OP der Tubus nicht frei sichtbar war und so eine strukturierte Fehlersuche nur eingeschränkt möglich war (z.B. ist eine Auskultation nur schwer durchführbar). Trotzdem sollte man versuchen, sich eine systematische Fehlersuche anzugewöhnen, um nichts zu übersehen (z.B. vom Patient zum Gerät). Aus der Fallbeschreibung geht nicht hervor, welche Art von Narkose durchgeführt wurde, sollte es sich um eine Gasnarkose gehandelt haben, ist durchaus denkbar, dass beide Probleme die gleiche Ursache hatten, nämlich eine zu flache Narkose (Korreliere alle Daten).
 PaSIS-Analyse in einzelne Analyseeinheiten aufgegliedert
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