Ereignisbericht lesen

    



 Obstruktion des Atemwegs unter dem OP Tuch bei cervikaler VerplattungRiskoeinschätzung
Bedeutung ⁄ Schweregradgefährlich ⁄ kritisch / negatives BeispielHäufigkeitnur dieses mal
Riskiko / Schwere: 5  ∼   Häufigkeit: 1
Rolle im EreignisArzt / Ärztin / keine AngabeBerufserfahrungkeine Angabe
Patientenzustandpathologischer Fraktur HWK mit großem intraspinalem Tumoranteil bei Metastasen., multiple Vorerkrankungen.
Wichtige Begleitumständepathologischer Fraktur geplant zur Ventralen Spondylodese; antizipiert schwierigem Atemweg und daher geplant zur Wach-Fiberoptischen-Intubation
Fallbeschreibung

(Was, Warum, Kofaktoren, Maßnahmen, Verlauf, Epikrise)

Der Patient wurde bei oben genanntem Eingriff der Fiberoptischen-Wachintubation zugeführt, Dies wurde gemäß dem Standard regelgerecht vorbereitet. Die Bronchoskopie zeigte sich trotz Glycopyrroniumbromid-Gabe als erschwert. Bei relativ kleinem Arbeitskanal waren nasale und nasotracheale Sekretverlegungen nicht zu vermeiden, so dass die Fiberoptik ständig ein trübes Bild zeigte. Daher erfolgte die Ãœbernahme durch den Oberarzt. Das Vorbringen des Tubus konnte nun durchgeführt werden. Hier zeigte sich nach beim Vorschieben auf ca. Kehlkopfhohe ein federnder Widerstand. Gemäß dem Standard wurde der Tubus ca. 1-2 cm zurückgezogen, rotiert und wieder vorgeführt. Es zeigte sich ein erneuter Widerstand, der sich jedoch ohne größeren Druck auszuüben sofort mit einem knackenden Geräusch löste und der Tubus glitt in die Trachea. Der Tubus wurde geblockt. In der optischen Kontrolle zeigte sich eine Blutstrasse von cranial kommend. Diese sistierte nach dem Blocken des Tubus. Der tracheale Blutsaum wurde abgesaugt und der Tubus mit 2 cm Abstand zur Carina fixiert. Der Kopf wurde durch die Kollegen der Chirurgie gelagert und die Beatmungsschläuche an dem Patienten seitlich vorbeigeführt. Die Narkose wurde volatil und mit Remifentanil über Spritzenpumpe aufrechterhalten. Nach > 1 h OP-Dauer zeigte sich eine zunehmende Spastik in der Flow-Kurve des Beatmungsgeräts. Die Beatmungsdrücke mussten gesteigert werden. In der Kapnometrie zeigte sich ein endexpiratorischer CO2-Wert von <50 mmHg. Die Auskultation unter dem Tuch zeigte sich durch Lagerung und steriler Abdeckung erschwert. Ein Atemgeräusch konnte dementsprechend kaum wahrgenommen werden und wurde als silent lung interpretiert. Der laufendem Remifentanil-Perfusor wurde pausiert. Die Facharztaufsicht wurde zur Verstärkung herangezogen. Eine Blutgasanalyse wurde durchgeführt. Hier bestätigte sich die Hyperkapnie mit einer Azidose von >7,16. Bei einer erhöhten FiO2 von >0,7 zeigte sich der paO2 Wert >100 mmHg. Spasmolytische Maßnahmen wurden eingeleitet. Der Patient erhielt einmalig Reproterol und Terbutalin s.c. sowie Ketamin und Magnesium als KI. Der Patient wurde nachrelaxiert mit Rocuronium. Das endexpiratorische Gasvolumen wurde gesteigert. Bei weiterhin ausbleibender Wirkung der spasmolytischen Maßnahmen wurde durch den Assistenzarzt der Beatmungsstrang von Maschine bis zum Nasenloch (Eintrittsstelle des Tubus) überprüft. Hier zeigten sich keine Auffälligkeiten, keine Knicke oder Abdrücken der Schläuche. Kurz nach der Inspektion der Schläuche zeigte sich eine schwer zu stillende Blutung. Diesbezüglich erhielt der Patient Tranexamsäure und bei weiterhin starker Blutung einen Tranexam-Perfusor. Die Blutungssituation wurden zunächst mit bilanzierten Kristalloidlösungen therapiert. Bei einem Hb-Abfall von wurde die Transfusion eines EK’s durchgeführt. Zwischenzeitlich verschärfte sich die Beatmungssituation weiter. Die Beatmungsdrücke konnten maschinell nicht aufrechterhalten werde, so dass die weitere Ventilation manuell durchgeführt wurde. Hierbei war ein stark verlängertes Exspirium beim Patienten wahrzunehmen. Bei weiterhin bestehender Azidose wurde zur Ãœberbrückung bis zum OP -Ende der Patient gepuffert. Diese verschärfte Situation erstreckte sich über einen längeren Zeitraum. Sobald die chirurgische Situation kontrolliert war und die sterile Abdeckung entfernt werden konnte wurde der Atemweg erneut inspiziert. Es konnte im Nasenloch des Patienten der Tubus als torquiert und abgeknickt identifiziert werden. Nach Korrektur des verdrehten Tubus konnte der Patient wieder suffizient beatmet werden. Die betroffene Stelle befand sich innerhalb des Nasenlochs und konnte fatalere weise unter dem sterilen Tuch nicht ertastet werden. Der Entstehungsmechanismus konnte im Nachgang gut nachvollzogen werden. Initial muss der Tubus nach oral abgekippt sein. An der Verbindungsstelle zur Tubusverlängerung (Gänsegurgel) lässt sich der Tubus auch gelenkartig drehen. Vermutlich wurde der Tubus im Verlauf der OP zurückgedreht und so kam es zu einem Abknicken. Dies würde auch den zweizeitigen Verlauf mit einer weiteren Verschlechterung der Beatmungssituation erklären.Schlagwörter
Orthopädie
intraoperativ
Atemweg
schwieriger Atemweg
Patientenfixierung
Bronchoskopie
Blutung
Alarmierung
Informationsfluss
Verständlichkeit / Ausdrucksweise
Koordination
Zuständigkeit
Was war besonders gut

(hat zur Abschwächung des Ereignisses oder zur Verhinderung geführt?)

Das Krisenmanagement von zeitgleicher Versorgung von gestörtem Atemweg und Blutungsmanagement lief außerordentlich geordnet ab. Der Patient war zu keinem Zeitpunkt mit Sauerstoff unterversorgt oder unkontrolliert kreislaufinstabil.
Was war besonders ungünstig

(hat die Situation noch schlimmer gemacht)

Die prolongierte Hyperkapnie führte zu einer langfristigen Azidose. Zwar konnte kein Sauerstoff-Defizit oder Laktat-Anstieg festgestellt werden, jedoch ist nicht abzuschätzen in wie weit der metabolische Stress den weiteren Verlauf negativ beeinflusste. Die Kombination aus paralleler Blutung und Atemwegs-Problem (ohne OP-bedingt Zugang zum Atemweg zu finden) stellte intraoperativ einen Konflikt dar.
Eigener Ratschlag Eine erneute Exploration des Beatmungssystems (Schläuche, Gänsegurgel, Filter, Tubus) hätte auch unter der Blutungssituation erfolgen müssen. Nach Rücksprache mit der Chirurgie hätte man die sterilen Tücher, unter manueller Kompression des OP-Gebietes, ablösen visuell und haptisch den Tubus überprüfen können. Den Kollegen der Chirurgie hätte die bedrohliche metabolische Lage durch die Hyperkapnie eingängiger geschildert werden müssen.
 Gedanken zur Analyse und zu Präventionsmöglichkeiten
In diesem Fall wurden zu jedem Zeitpunkt die richtigen Maßnahmen getroffen, während der Einleitung wurde bei Intubationsproblemen sofort die Hilfe eines Oberarztes angefordert. Die Lage des Tubus nach schwieriger Intubation kontrolliert.
Nach erkennen der Beatmungsproblemen während der OP, wurde recht schnell Hilfe durch den Facharzt angefordert, Beatmungsparameter kontrolliert, sowie Beatmungsschläuche und Tubus. Nachdem sich im Vorfeld schon die Intubation als sehr schwierig gezeigt hat und es hier zu einer Blutung nach Intubation kam, lag der Verdacht einer Spastik sehr nahe. Durch die starke Blutung im OP-Bereich wurde der Fokus vom Beatmungsproblem auf die Blutung gelegt, nach erfolgreicher Blutstillung (chirurgisch und medikamentös) wurde weiter auf Ursachensuche gegangen.

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