Ereignisbericht lesen |
Zu hohe Infusionsmenge | Riskoeinschätzung | |||
Bedeutung ⁄ Schweregrad | gefährlich ⁄ kritisch / negatives Beispiel | Häufigkeit | weniger als ein mal pro Jahr |
Riskiko / Schwere: 4 ∼
Häufigkeit: 2 |
Rolle im Ereignis | Arzt / Ärztin / keine Angabe | Berufserfahrung | weniger als 5 Jahre | |
Patientenzustand | Kleinkind, normalgewichtig, keine Vorerkrankungen, keine Dauermedikation, termingeboren, keine Allergien, nicht nĂŒchtern. | |||
Wichtige Begleitumstände | ||||
Fallbeschreibung (Was, Warum, Kofaktoren, Maßnahmen, Verlauf, Epikrise) | Eine vor Ort befindliche RTW-Besatzung forderte den Notarzt zur Analgesie, bei einer Verbrennung 2ten Grades an den unteren ExtremitĂ€ten nach. Das Kind schrie vor Schmerzen. Der Notarzt entschied sich zur Analgosedierung mit Ketamin S und Midazolam. Es wurde im Team vereinbart, zunĂ€chst einen Versuch zur Anlage eines PVK zu unternehmen. WĂ€hrend der NotfallsanitĂ€ter den Arm des Kindes fixierte wurde vom Notarzt im ersten Versuch ein PVK gelegt. Nach Fixierung und Zwischenschaltung eines 3-Wege-Hahns wurde eine vorgewĂ€rmte Infusion in einem 500 ml Beutel angeschlossen, welche zunĂ€chst auf maximale Tropfgeschwindigkeit eingestellt wurde. Es erfolgte nun die routinemĂ€Ăige Anlage einer Pulsoxymetrie durch einen Klebesensor am Finger. Zudem wurde vor Verabreichung der Analgosedierung ein vollstĂ€ndiges Atemwegsmanagement einschlieĂlich einer Absaugmöglichkeit auf der Ablage des Rettungswagens vorbereitet. Die Analgosedierung erfolgte gewichtsadaptiert. Nach rascher Beruhigung des Kindes wurde dieses in die Seitenlage gebracht, Sauerstoff vorgelegt und das Monitoring mit ExtremitĂ€tenableitung und Blutdruckmessung vervollstĂ€ndigt. Zudem konnten erst jetzt die Brandverletzungen begutachtet und mit jeweils einem sterilen Verbandtuch versorgt werden. Bei ausgeprĂ€gten Brandblasen wurde die Infusion auf maximaler Tropfgeschwindigkeit belassen. So war geplant, etwa 200 ml Infusion zĂŒgig zu verabreichen. In der Folge wurde die Analgosedierung durch Nachinjektionen aufrechterhalten bzw. vertieft. In der Zielklinik stand bei Eintreffen das erbetene Personal bereit, ein Unfallchirurg und eine chirurgische Pflegefachkraft. Noch vor Ăbergabe des Notarztes an den Unfallchirurgen erfolge eine Alarmierung des RTW-Teams und des Notarztes zu einem Folgeeinsatz. Es erfolgte somit nur eine sehr knappe Ăbergabe seitens des Notarztes an den Unfallchirurgen mit Verletzungsmuster und den verabreichten Medikamenten. Daraufhin begab sich das gesamte Rettungsteam zum Folgeeinsatz. Noch im Einsatzgeschehen des folgenden Einsatzes, wurde dem Notarzt bewusst, dass die Infusion bei dem Kind mit maximaler Laufrate ĂŒbergeben wurde. Es erfolgt aus dem Folgeeinsatz heraus die telefonische Kontaktaufnahme mit dem diensthabenden Unfallchirurgen der Notaufnahme. Ihm wurde die Situation geschildert. Dieser sagte zu sich sofort darum zu kĂŒmmern. Nach Aussage des Unfallchirurgen wurde durch die ĂŒberwachende chirurgisches Pflegekraft zum Zeitpunkt des Anrufes, nachdem die 500 ml aus dem Notarzteinsatz vollstĂ€ndig eingelaufen waren, eine neue Infusion angehĂ€ngt. Der Arzt beendete die Volumentherapie und versah den PVK mit einem Verschlusstopfen. | Schlagwörter | ||
Chirurgie Krankenhaus Schockraum/Notaufnahme Rettungsdienst Boden Medikamente / Substanzen / Infusionen Ăber- Unterdosierung unbeabsichtigte Medikamentengabe Organisationale Strukturen Informationsfluss Ăbergabe Personalmangel Personalverteilung Koordination Arbeitsbelastung, -stunden |
Was war besonders gut (hat zur Abschwächung des Ereignisses oder zur Verhinderung geführt?) |
Schnell reagierender Unfallchirurg. | ||
Was war besonders ungünstig (hat die Situation noch schlimmer gemacht) |
UnvollstĂ€ndige Ăbergabe in der Notaufnahme des aufnehmenden Krankenhauses, aufgrund Stress durch Folgeeinsatz. In der Anmeldung durch den Notarzt ĂŒber die Rettungsleitstelle wurde versĂ€umt, zusĂ€tzlich zum Unfallchirurgen einen pĂ€diatrischen Kollegen anzufordern. | |||
Eigener Ratschlag | Bei verletzten/erkrankten Kindern immer den PĂ€diater hinzuziehen. In diesem Fall wĂ€re es aufgrund der Analgosedierung und des dadurch potenziell gefĂ€hrdeten Atemweges absolut sinnvoll gewesen, den anĂ€sthesiologischen Dienstarzt ebenso bereits im Rahmen der Anmeldung hinzuzuziehen. Beiden, dem PĂ€diater als auch dem AnĂ€sthesisten wĂ€re die maximal laufende Infusion aufgefallen. Der Unfallchirurg ist auf die Versorgung der Verletzungen fixiert und kann sich verstĂ€ndlicherweise nur am Rande mit dem Infusionsmanagement beschĂ€ftigen. Wenn es die Schwere der Verletzung bzw. der Erkrankung erlaubt, sollte bei Eintreffen in der Notaufnahme bei Kindern, welchen aufgrund ihres geringen Alters die Gefahr einer Ăberinfusion mit fatalen Folgen droht, vom Notarzt die Infusion ganz entfernt werden und der iv-Zugang als auch die Infusionsleitung mit einem Verschlusstopfen versehen werden. Dem ĂŒbernehmenden Arzt kann die Infusion zusammen mit den ĂŒbrigen Medikamenten und den Unterlagen ĂŒbergeben werden. So ist ein unbewusstes Ăberinfundieren unwahrscheinlicher. Bei sehr kleinen Kindern mit unbedingt beschrĂ€nkten Infusionsmengen sollte gegebenenfalls auf andere Hilfsmittel wie beispielsweise Perfusorspritzen zur Dosierung der Infusionsmenge zurĂŒckgegriffen werden. Eventuell können auch Infusionsmengen, welche zuviel sind, aus dem Infusionsbeutel mit einer Spritze angezogen und verworfen werden. Im Einsatzgeschehen ist die Gefahr groĂ, fortlaufend den Ăberblick ĂŒber die infundierten Infusionsmengen zu behalten. Sollte der Notarzt ein unvollstĂ€ndiges Schockraum-Team anfordern, so sollte das anwesende Schockraumpersonal selbststĂ€ndig die âfehlendenâ Fachdisziplinen nachfordern. Bei Anmeldung eines Kleinkindes sollte zumindest der PĂ€diater durch das Notaufnahmeteam informiert werden. Der Notarzt darf sich durch einen Folgeeinsatz nicht stressen lassen. Gegebenenfalls sollte die Leitstelle gebeten werden einen anderen Notarzt zu alarmieren. Im Zweifel verzögert sich die Ausfahrt des Notarztes entsprechend. Eine unvollstĂ€ndige Ăbergabe und das âVergessenâ wichtiger Informationen kann fĂŒr den Patienten schwerwiegende Folgen haben. | |||
Gedanken zur Analyse und zu Präventionsmöglichkeiten | ||
Die Versorgung von Kindern in der PrĂ€klinik gehört zu den eher seltenen EinsĂ€tzen. Die Versorgung stellt das Team unter UmstĂ€nden unter Stress, da die alltĂ€gliche Routine fehlt. Das Team hat das Kind so weit versorgt. Der Volumenbedarf wurde berechnet, es war geplant eine gewisse Menge der Lösung zĂŒgig zu verabreichen. Da im Rettungswagen kein Infusomat vorgehalten wird, kann das Team die Laufrate und die Infusionsmenge nur ĂŒber regelmĂ€Ăige Evaluationen nachvollziehen. In komplexen Situationen ist es notwendig, einen Mitarbeiter mit dieser Aufgabe zu vertrauen, da sonst die Infusion in Vergessenheit gerĂ€t. Das Kind wurde in die Zielklinik verbracht. WĂ€hrend der Ăbergabe kam es zum Folgeeinsatz des Rettungsteams. Die Ăbergabe beschrĂ€nkte sich nur noch auf das Verletzungsmuster und die verabreichten Medikamente. FolgeeinsĂ€tze begĂŒnstigen die Fehlerentstehung, da in der neu aufgetretenen Stresssituation oftmals wichtige Informationen verloren gehen. Stress begĂŒnstigt die Fehlerentstehung. Eine strukturierte Ăbergabe (z.B. nach SBAR) nimmt nicht viel Zeit in Anspruch, wenn alle Teammitglieder zuhören und Fragen erst am Ende der Ăbergabe gestellt werden. | ||
PaSIS-Analyse in einzelne Analyseeinheiten aufgegliedert nur beschriebene Felder werden angezeigt | ||
CRM Konzept Re-evaluiere die Situation immer wieder (wende das 10-Sekunden-fĂŒr-10-Minuten-Prinzip an) |
Die leere Infusion wurde von einer Pflegekraft gewechselt. Der Volumenstatus wurde nicht erhoben. | |
beitragender Faktor organisationale Strukturen - (Organisation) |
Das Rettungsteam wurde im laufenden Einsatz zu einem Folgeeinsatz gerufen. Dies begĂŒnstigt einen Informationsverlust, da nur eine unvollstĂ€ndige Ăbergabe erfolgt. Desweiteren war bei der Aufnahme in der Zielklinik kein PĂ€diater vor Ort. Um alle Fachexpertise nutzen zu können, sollte ein PĂ€diater von Anfang an hinzugezogen werden. Es wurde versĂ€umt, einen PĂ€diater zu informieren. Dieses Vergessen könnte durch standardisierte Alarmierungen des Schockraum-Teams reduziert werden. |
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beitragender Faktor Arbeitsbelastung, Arbeitsstunden - (Arbeitsumgebung) |
Das Rettungsteam wurde bereits vor der vollendeten Ăbergabe zu einem Folgeeinsatz gerufen. Die bis dato höhere Arbeitsbelastung wurde durch die neue Alarmierung zusĂ€tzlich erhöht. Das Team konnte keine strukturierte Ăbergabe durchfĂŒhren, da es in Gedanken bereits beim nĂ€chsten Einsatz/Patienten war. WĂ€hrend der Anfahrt zum nĂ€chsten Einsatzort, konnte der letzte Einsatz noch einmal Revue passieren. Dem Notarzt fiel die laufende Infusion ein. Im Alltag erleben wir oft, dass wenn wir etwas zur Ruhe kommen, dass uns Ereignisse bzw. Dinge die wir nicht gemacht oder kommuniziert haben wieder einfallen. | |
beitragender Faktor Teamkultur - (Team und soziale Faktoren) |
Der behandelnde Notarzt hat sich in der Klinik gemeldet und die das Team ĂŒber die laufende Infusion informiert. | |
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