Ereignisbericht lesen |
Struma-OP mit Sternotomie | Riskoeinschätzung | |||
Bedeutung ⁄ Schweregrad | gefährlich ⁄ kritisch / negatives Beispiel | Häufigkeit | mehrmals pro Jahr |
Riskiko / Schwere: 5 ∼
Häufigkeit: 3 |
Rolle im Ereignis | Arzt / Ärztin / keine Angabe | Berufserfahrung | mehr als 5 Jahre | |
Patientenzustand | Patient ca 3 Wochen vor geplanter OP zur Bronchoskopie und PE eines Tumorzapfens in der Trachea, ASA III bei OP; SaO2 <85% prÀoperativ | |||
Wichtige Begleitumstände | 3 Tage vorher wurde Patient von Facharzt zur Struma-OP prĂ€mediziert. Zu diesem Zeitpunkt war der Facharzt nicht ĂŒber eine evtl. Sternotomie informiert. Daher keine Blutgruppenbestimmung u. Blutkonservenbereitstellung angeordnet. | |||
Fallbeschreibung (Was, Warum, Kofaktoren, Maßnahmen, Verlauf, Epikrise) | Aus unbekannten GrĂŒnden wurde die OP um einen Tag verschoben. Die o.g. Blutgruppenbestimmung, etc. fĂŒr die OP wurde vom chirurgischen Kollegen bereits 3 Tage vorher veranlasst. Dies hatte Folgen, siehe weiteren Verlauf.* Nach der Sternotomie kam es im operativen Verlauf zum massiven Blutverlust bei Tumorinfiltration ins GefĂ€Ăsystem. Zum Zeitpunkt der auftretenden Blutung war ein Assistenzarzt der AnĂ€sthesie mit der Narkose betreut. Er war die`"Mittags-Ablösung" des bis dahin tĂ€tigen Facharztes. Dieser sollte nach der Mittagspause prĂ€medizieren und nicht wieder die Narkose ĂŒbernehmen. Er wies daher den jungen Kollegen auf mögliche Blutung oder Lungenverletzung hin und riet ihm ausdrĂŒcklich, bei Problemen den Hintergrund AnĂ€sthesie zu informieren. Der Oberarzt der Chirurgie, der die 1. Assistenz bei der OP hatte, machte den Assistenzarzt AnĂ€sthesie darauf aufmerksam, daĂ es stark blutet und er Blut transfundieren sollte. Dies ist nicht erfolgt, da der Abfall des Ausgangs Hb-wertes von >14 auf >11 g/dl und stabilem Kreislauf fĂŒr ihn kein Anlass war, Blut zu transfundieren. Er informierte aber telefonisch den Hintergrund der AnĂ€sthesie. Dieser hat zur zusĂ€tzlichen Betreuung den AnĂ€sthesie-Facharzt, der zuvor im Saal war, in den OP geschickt. Beim Eintreffen desselben war der Hb-wert bereits weiter abgefallen und die Kreislaufsituation nicht mehr stabil. *Die "vorhandenen" Blutkonserven waren nach der 72 Stunden Frist nicht mehr verfĂŒgbar. D.h. im Computer fehlte neben dem VerfĂŒgbarkeitsdatum auch die Uhrzeitangabe - wie sonst ĂŒblich. Zum OP-Beginn mittags waren die Blutkonserven daher nicht mehr verfĂŒgbar. NotfallmĂ€Ăig angeforderte Blutkonserven waren nach einer Latenz von 35 min verfĂŒgbar. Der Patient war zwischenzeitlich trotz Volumengabe kreislaufinstabil u. katecholaminbedĂŒrftig. Nach einer intraoperativ durchgefĂŒhrten Massentransfusion wurde der Patient nachbeatmet auf die Intensivstation verlegt. | Schlagwörter | ||
Chirurgie HNO HTG-Chirurgie prÀoperative Evaluation intraoperativ Transfusionen Bronchoskopie Blutung Computer Spezielle Befunde, Patientenunterlagen PrÀmedikationsprotokoll Checkliste Informationsfluss Personalverteilung Aus- und Weiterbildung ZustÀndigkeit Leitlinien / SOPs |
Was war besonders gut (hat zur Abschwächung des Ereignisses oder zur Verhinderung geführt?) |
Hinweis der 1. OP-Assistenz an den AnÀsthesist betreffend Blutung. Hinzuziehen des Thoraxchirurgen | ||
Was war besonders ungünstig (hat die Situation noch schlimmer gemacht) |
Fehlende Information/Kommunikation prĂ€operativ zwischen Chirurg und AnĂ€sthesist ĂŒber den "Fall" (AusmaĂ der OP, Sternotomie etc.,Zustand des Patienten) fehlender schriftlicher CT-Befund in der Patientenakte. Unzureichende Bildgebung prĂ€operativ? (Kommunikation Chirurg/Radiologe) Ausbildungsstand AnĂ€sthesist - EinschĂ€tzen des operativen Eingriffs; zeitliche Verzögerung der Bluttransfusion; labortechnische MĂ€ngel | |||
Eigener Ratschlag | M& M (MorbiditÀts-MortalitÀts) - Konferenz unbedingt sinnvoll, da sonst alles " im Sande verlÀuft". Man hinterlÀsst nicht nur die Angehörigen, sondern auch "betroffene" Kollegen. Verantwortungsbewusstsein in Bezug auf Indikation, Planung operativer Eingriff, RisikoeinschÀtzung? Fallbesprechung ohne Schuldzuweisung. | |||
Gedanken zur Analyse und zu Präventionsmöglichkeiten | ||
PaSIS-Analyse in einzelne Analyseeinheiten aufgegliedert nur beschriebene Felder werden angezeigt | ||
CRM Konzept Beachte und verwende alle vorhandenen Informationen |
Die Blutkonserven standen zu Beginn der OP nicht mehr zur VerfĂŒgung. Mittels der WHO-Checkliste können alle wichtigen Informationen abgefragt und bestĂ€tigt werden. | |
CRM Konzept Kommuniziere sicher und effektiv - sag was Dich bewegt |
Der Operateur informierte den ĂŒbernehmenden AnĂ€sthesisten ĂŒber die starke Blutung und die Notwendigkeit einer Transfusion. Er riet dem Kollegen das hinzuziehen eines weiteren AnĂ€sthesisten. Die von dem Operateur gelieferten Informationen ermöglichen frĂŒhzeitig Hilfe zu holen. Der Operateur hat den besten Ăberblick ĂŒber eine bestehende Blutung und ĂŒber ggf. noch drohende Ereignisse. | |
beitragender Faktor klinischer Zustand, Bedingungen - (Patient) |
Der Patient musste sich einer groĂen Operation unterziehen. Sein Allgemeinzustand war prĂ€operativ schon eingeschrĂ€nkt. | |
beitragender Faktor organisationale Strukturen - (Organisation) |
Die geplante Operation wurde um mehrere Tage verschoben. Das Verschieben einer Operation bringt weitere MaĂnahmen mit sich. In diesem Fall waren die bestellten Blutkonserven abgelaufen. Es hĂ€tte im Vorfeld eine neue Bestellung erfolgen mĂŒssen. Nicht alle an dem Eingriff beteiligten Fachdisziplinen waren ĂŒber das evtl. AusmaĂ der Operation informiert. Die PrĂ€medikation des Patienten erfolgte ohne alle Informationen. Sinnvoll wĂ€re vor einer OP, die bestehenden Gefahren und Risiken anzusprechen. SpĂ€testens beim Team-Time-Out sollten mögliche Ănderungen/Komplikationen angesprochen werden. | |
beitragender Faktor Stellenbesetzung, -situation - (Arbeitsumgebung) |
Der zustĂ€ndige AnĂ€sthesist wurde abgelöst und sollte den Patienten nicht mehr ĂŒbernehmen. Wechsel in der Betreuung von Patienten bergen immer das Risiko von Informationsverlust in sich. Auch die EinschĂ€tzung einer Situation ist direkt nach der Ăbernahme eines Patienten erschwert. | |
Hauptkategorien· 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: PatientAlle Kategorien Antizipiere und plane voraus · Hilfe anfordern, lieber frĂŒh als spĂ€t · Beachte und verwende alle vorhandenen Informationen · Re-evaluiere die Situation immer wieder (wende das 10-Sekunden-fĂŒr-10-Minuten-Prinzip an) · Kommuniziere sicher und effektiv - sag was Dich bewegt · klinischer Zustand, Bedingungen · klinischer Zustand, Bedingungen · organisationale Strukturen · organisationale Strukturen · Extern bedingte / importierte Risiken · verbale Kommunikation · Arbeitsplatzgestaltung · Stellenbesetzung, -situation · Stellenbesetzung, -situation · |