Ereignisbericht lesen

    



 Medikamentenverwechslung bei ähnlicher AmpulleRiskoeinschätzung
Bedeutung ⁄ Schweregradpotentiell gefährlich / keine AngabeHäufigkeitfast täglich
Riskiko / Schwere: 5  ∼   Häufigkeit: 4
Rolle im EreignisArzt / Ärztin / aktivBerufserfahrungweniger als 5 Jahre
PatientenzustandDer Patient wurde gefäßchirurgisch operiert. Der Patientenzustand war zu jeder Zeit stabil.
Wichtige Begleitumstände
Fallbeschreibung

(Was, Warum, Kofaktoren, Maßnahmen, Verlauf, Epikrise)

Älterer Patient, c/p altersentsprechend. Bei Einleitung der Narkose wurde neben einem Opiat und Propofol auch ein Muskelrelaxans appliziert. Die Spritzen waren alle mit den entsprechenden Etiketten beschriftet. Beim ersten Intubationsversuch schien der Patient noch keine ausreichende Narkosetiefe erreicht zu haben (grimassiert und bewegt die Beine). Daraufhin erfolgte die Narkosevertiefung mit Propofol. Nach Intubation frühzeitiges Mitatmen und Triggerung des Beatmungsgerätes. Bei scheinbar schwieriger werdenden Beatmungsverhältnissen Nachrelaxierung mit einem weiteren Milliliter (10mg) Rocuronium und erneute Applikation von Propofol. Daraufhin Verbesserung der Beatmung und Start der Operation. Intraoperativ keine auffällige Blutungsneigung. Im Verlauf stellte die Anästhesiepflegekraft fest, dass sich in der Medikamentenschublade eine Ampulle Rocuronium zu viel befand. Sie informierte daraufhin sofort den Saal-Anästhesisten und den ebenfalls anwesenden Oberarzt der Anästesie über eine eventuelle Verwechslung von Rocuronium mit Heparin 5.000 IE/ml (gleiche Ampullengröße und Form, ähnliches Etikett). Insgesamt wurden dem Patienten 5 ml der Lösung verabreicht. Es erfolgte ebenfalls umgehend die Information des OP-Teams über die mögliche Verwechslung. Vom Operateur kam umgehend die Info, dass zu diesem Zeitpunkt keine Auffälligkeiten bei der Blutgerinnung im OP-Gebiet festzustellen waren. Zur Sicherung erfolgte die Abnahme einer Blutprobe für die Bestimmung der PTT, darüber hinaus zur Anfertigung eines ROTEM mit Intem und Heptem. Nach Bestätigung des Verdachtes (massiv verlängerte CT im ROTEM und PTT >160) wurde die OP bei weiterhin unauffälliger Blutungsneigung fortgeführt. Am Ende der Operation erfolgte eine Antagonisierung mit Protamin. Im Aufwachraum erfolgte eine weitere PTT-Kontrolle und erneute Antagonisierung der Heparinwirkung mittels Protamin. Hierunter Normalisierung der PTT und Verlegung des Patienten auf Normalstation. Schlagwörter
Allgemeinanästhesie
Einleitung
intraoperativ
Medikamentenverwechslung (Dosis, Applikation)
Gerinnungsfaktoren, Antikoagulation
Labor
Gerinnungsfaktoren
Koordination
Medikamente
Was war besonders gut

(hat zur Abschwächung des Ereignisses oder zur Verhinderung geführt?)

Nachdem die Anästhesiepflegekraft die mögliche Verwechslung bemerkte, informierte sie umgehend alle Beteiligten über den Vorfall. Weiterhin fand eine enge Absprache zwischen den Abteilungen (Anästhesie und Chirurgie) über das weitere Vorgehen statt. Erstaunlicherweise kam es trotz dieser hohen Heparindosierung zum Glück zu keiner relevanten Blutungskomplikation.
Was war besonders ungünstig

(hat die Situation noch schlimmer gemacht)

Bei schlechten Beatmungsverhältnissen erfolgte eine neuerliche Gabe des vermeintlichen Relaxans und somit eine Dosissteigerung des applizierten Heparins.
Eigener Ratschlag Gegebenenfalls die Ampullen in der Medikamentenschublade weiter auseinander lagern. Die Kappe der 5ml Stechampulle ist bereits in einer anderen Farbe (blau vs. gelb)
 Gedanken zur Analyse und zu Präventionsmöglichkeiten
 PaSIS-Analyse in einzelne Analyseeinheiten aufgegliedert
nur beschriebene Felder werden angezeigt

CRM Konzept
Beachte und verwende alle vorhandenen Informationen
Der Pflegekraft viel auf, dass sich eine Ampulle Rocuronium zu viel in der Medikamentenschublade befand. Daraufhin wurde sofort der verdacht geäußert, dass der Patient anstelle des Muskelrelaxanses ein anderes Medikament erhalten haben könnte.

CRM Konzept
Habe Zweifel und überprüfe genau (Double check, nie etwas annehmen)
Vor dem Aufziehen eines Medikaments sollte der Name des Medikaments auf der Ampulle kontrolliert werden.

CRM Konzept
Re-evaluiere die Situation immer wieder (wende das 10-Sekunden-für-10-Minuten-Prinzip an)
Die Blutungsneigung wurde kontinuierlich beobachtet.

CRM Konzept
Achte auf gute Teamarbeit - andere unterstützen und sich koordinieren
Alle an der Operation beteiligten Fachdisziplinen wurden über die mögliche Heparingabe informiert. Es fand eine enge Absprache zwischen den Disziplinen statt, die Operation konnte fortgeführt werden.

beitragender Faktor
klinischer Zustand, Bedingungen - (Patient)
Der Patient zeigte keine Anzeichen einer erhöhten Blutungsneigung.

beitragender Faktor
Prioritäten, Fokus, strategische Ausrichtung - (Organisation)
Um die fragliche Heparingabe zu sichern wurden neben der Information des OP-Teams auch Blutuntersuchungen durchgeführt. Durch diese Maßnahme konnte die Heparingabe bestätigt und im Verlauf behandelt werden.

beitragender Faktor
Extern bedingte / importierte Risiken - (Organisation)
Hersteller legen sehr viel Wert auf ihr Corporite Identity, aus diesem Grund sehen sich Ampullen und Verpackungen immer sehr ähnlich. Dieser Faktor begünstigt die Verwechslungsgefahr.

beitragender Faktor
Sicherheitskultur - (Organisation)
Das Aufziehen und Beschriften von Medikamenten ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Aus diesem Grund sollte das Richten der Medikamente in ruhiger Atmosphäre, ohne Störungen bzw. Unterbrechungen erfolgen.

beitragender Faktor
verbale Kommunikation - (Kommunikation)
Die Pflegekraft hat umgehend den zuständigen Anästhesisten informiert und dadurch die Patientensicherheit gewährleistet.

beitragender Faktor
Positionierung, Aufbewahrung - (Ausrüstung ⁄ Geräte ⁄ Material)
Ähnlich aussehende Ampullen, welche nebeneinander gelagert werden, haben ein höheres Verwechslungsrisiko. Im Alltag orientieren wir uns oftmals an der Ampullengröße, der Farbe des Deckels oder an einem anderen markanten Punkt der der Ampulle. Da aus Kostengründen immer wieder die Hersteller eines Medikamentes gewechselt werden, können wir uns auf diese Faktoren nicht verlassen. Sicherlich könnte das weiter auseinander liegen der Ampullen in der Schublade die Verwechslungsgefahr reduzieren, allerdings empfehlen wir die Durchführung der 5-R-Regel beim Aufziehen des Medikamentes.

beitragender Faktor
Teamkultur - (Team und soziale Faktoren)
In diesem Ereignis haben alle beteiligten Fachdisziplinen als Team sehr gut agiert.
 Hauptkategorien
 · 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: Patient
 · 3 Analyseeinheiten aus der Kategorie: Organisation
 · 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: Kommunikation
 · 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: Arbeitsumgebung
 · 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: Ausrüstung ⁄ Geräte ⁄ Material
 · 2 Analyseeinheiten aus der Kategorie: Team und soziale Faktoren
Alle Kategorien
Kenne Deine Arbeitsumgebung (Technik und Organisation) · Beachte und verwende alle vorhandenen Informationen · Habe Zweifel und überprüfe genau (Double check, nie etwas annehmen) · Lenke Deine Aufmerksamkeit bewusst · Mobilisiere alle verfügbaren Ressourcen (Personen und Technik) · Re-evaluiere die Situation immer wieder (wende das 10-Sekunden-für-10-Minuten-Prinzip an) · Achte auf gute Teamarbeit - andere unterstützen und sich koordinieren · klinischer Zustand, Bedingungen · klinischer Zustand, Bedingungen · Prioritäten, Fokus, strategische Ausrichtung · Prioritäten, Fokus, strategische Ausrichtung · Extern bedingte / importierte Risiken · Extern bedingte / importierte Risiken · Sicherheitskultur · Sicherheitskultur · verbale Kommunikation · verbale Kommunikation · Arbeitsplatzgestaltung · Positionierung, Aufbewahrung · Positionierung, Aufbewahrung · Rollenverhalten und -verständnis · Teamkultur · Teamkultur · 
 Maßnahmen zum Fallbericht