Ereignisbericht lesen

    



 Aspiration bei Mehrfachverletztem (nicht primär intubiertem) PatientenRiskoeinschätzung
Bedeutung ⁄ Schweregradgefährlich ⁄ kritisch / negatives BeispielHäufigkeitmehrmals pro Jahr
Riskiko / Schwere: 4  ∼   Häufigkeit: 3
Rolle im Ereignis / keine AngabeBerufserfahrungkeine Angabe
PatientenzustandNach Unfallereignis hypoton (RR < 80 sys), wach, leicht somnolent, durch NA analgosediert.
Wichtige Begleitumstände"Pat. ist massiv adipös, ""kein"" Hals"
Fallbeschreibung

(Was, Warum, Kofaktoren, Maßnahmen, Verlauf, Epikrise)

"Patient nach Verkehrsunfall. Initial wach aber leicht somnolent (GCS > 11). Hypton mit, Becken, Thorax und Abdomen klinisch oB, Sonografisch keine freie Flüssigkeit, Klinisch Extremitätenfrakturen. Durch NA Analgosedierung mit 25 Ketanest S und 10 Dormicum i.v, Rettung per Schaufeltrage auf die Vakuummatratze, Stiffneck, Schienung der Extremität in der Vakuummatratze. Nach Gabe von Akrinor und Volumen: RR normoton. Aufgrund der zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Intubation (massive Addipositas, ""kein Hals"") Entschluss des Notarztes gegen die primäre Intubation, Transport unter Analgosedierung und Sauerstoffinsufflation) in das nächste Traumazentrum. Beim Ausladen aus dem Fahrzeug erbricht der Patient. Aufgrund der Lagerung in der Vakuummatratze + Stiffneck gelingt ein adäquates Abhusten nicht und der Patient aspiriert. Trotz Versuch des raschen Absaugens mit der mobilen Absaugeinrichtung, welche erst aus dem Notfallrucksack geholt werden muß, kommt es zu einer Hypoxie des Patienten. Entschluß des NA, in der Liegendaufnahme (Anfahrt) keinen Intubationsversuch durchzuführen. Unter Maskenbeatmung wird der Patient in den Schockraum verbracht und dort durch den Anästhesisten nach nochmaligem gründlichen Absaugen intubiert (schwierige Intubation). Die Schockraumdiagnostik ergab lediglich eine Extremitätenfraktur. Keine intracerebrale Schädigung. Nach Stabilisierung erfolgt die operative Notfallversorgung (Damage control). Ãœbernahme auf die ICU und sofortige Therapie im Drehbett."Schlagwörter
Notfallmedizin
Transport von Rettungsmittel in Klinik
Atemweg
Aspiration
Was war besonders gut

(hat zur Abschwächung des Ereignisses oder zur Verhinderung geführt?)

"Rascher Entschluß des NA nach ""Eintritt"" der Aspiration keine ""Intubationsversuche"" in der Fahrzeughalle vorzunehmen sondern den sofortigen Transport in den wenige Meter entfernten Schockraum mit dort anwesendem kompletten Schockraumteam + Notfallausrüstung."
Was war besonders ungünstig

(hat die Situation noch schlimmer gemacht)

Durch die Immobilisation des massiv übergewichtigen Pat. (Stiff-neck+ Vakuum) konnte der Kopf des Patienten nicht zeitgerecht zur Seite gedreht werden um ein Abhusten des Erbrochenen zu ermöglichen. Eine Absaugmöglichkeit war nicht am Patienten, sondern mußte erst aus dem Fahrzeug (Rucksack) geholt werden.
Eigener Ratschlag "Be prepared: den traumatisierten Patienten mit initialem Schock und SHT (GCS > 11) elektiv intubieren, um so eine Aspiration sicher zu vermeiden. Für die schwierige Intubation alle verfügbaren Hilfsmittel in Ruhe vorbereiten und parat haben. (In diesm Fall: Absaugmöglichkeit, Intubation und als ""Rückfallebene"" den Larynxtubus bei schwieriger Intubation. So ist auch die ""schwierige Intubation"" bei guter Vorbereitung leichter als die ""unvorbereitete Notfallintubation"" ohne das vorbereitete Material. Bei erwarteten Problemen für diese gerüstet sein und z.B. den Larynxtubus als ""Plan B"" in der Hinterhand bereit halten."
 Gedanken zur Analyse und zu Präventionsmöglichkeiten
Bei so einem Patient muss das Atemwegsrisiko sicher als hoch angesehen werden. 10 mg Dormicum und 25 Ketamin scheinen für so einen Patienten ein ungünstiges Überwiegen des sedierenden Dormicum-Anteils zu sein. Mit einer geringeren Sedierungstiefe wäre möglicherweise ein "bewusstes Erbrechen" mit einer vom Patienten selbst initiierten Aufrichtung denkbar gewesen oder zumindest die Intaktheit der Schutzreflexe. Insofern wäre es hier gut, die Methode der Analgosedierung zu überprüfen. Die Analgesie soll ja im Vordergrund stehen, das Benzodiazepin Midazolam wird ja hauptsächlich zur Vermeidung der psychomimetischen Nebenwirkungen appliziert.

Im geschilderten Fall war sicher auch aufgrund der immobilisierenden Lagerung eine Seitdrehung des Kopfes nicht möglich. Andererseits wäre sie bei einem potentiellen HWS-Trauma auch gefährlich - möglicherweise wäre sie bei einer schnellen Absaugmöglichkeit gar nicht notwendig gewesen. Bei ALLEN Notfallpatienten, die bewusstseinsgetrübt oder sediert sind - oder auch in der genannten Weise immobilisiert -, sollte eine funktionstüchtige Absaugung NEBEN DEM PATIENTEN bereitstehen (nicht erst bei Bedarf von irgendwoher herbeiholen - das ist dann sicher zu spät...!). Dies sollte allen im Rettungsdienst Tätigen immer wieder bewusstgemacht werden (Fortbildungen, Aushänge, etc.)

Ob ein Patient mit Adipos per magna nur wegen Unterschenkel- und Oberschenkelfraktur präklinisch intubiert werden muss, ist diskussionswürdig.

Ansonsten ist der "take-home-message" natürlich beizupflichten, dass bei einer gegebenen Indikationsstellung zur elektiven Intubation - gerade bei Risikofaktoren wie hier die "no-neck"-Situation - alle potenziell erforderlichen Maßnahmen und Hilfsmittel sowie der Patient selbst optimal vorbereitet sind.
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