Ereignisbericht lesen

    



 Prähospitale Heparingabe durch Notarzt bei SchlaganfallRiskoeinschätzung
Bedeutung ⁄ Schweregradgefährlich ⁄ kritisch / negatives BeispielHäufigkeitmehrmals pro Jahr
Riskiko / Schwere: 4  ∼   Häufigkeit: 3
Rolle im EreignisArzt / Ärztin / keine AngabeBerufserfahrungmehr als 5 Jahre
Patientenzustand
Wichtige Begleitumstände
Fallbeschreibung

(Was, Warum, Kofaktoren, Maßnahmen, Verlauf, Epikrise)

Fremdanamnestisch berichtete der vorbehandelnde Arzt: Bei hochgradiger Rezidivstenose einer mit Stent versorgten Stenose der A. carotis interna (ACI) und bekanntem Verschluss der ACI auf der gegenüberliegenden Seite kollabierte der Patient am Morgen des Aufnahmetags mit einem Blutdruck von syst.< 100 mmHg. Im EKG wurde eine bis dato nicht bekannte Rhythmusstörung diagnostiziert. Trotz Infusionsflüssigkeit besserte sich der Zustand nicht, so dass der Notarzt alarmiert wurde. Beim Eintreffen des Notarztes habe der Patient beim Umlagern fraglich gekrampft und nach oben geblickt. Bei neu diagnostizierter Rhythmusstörung, unter der Vorstellung eines verminderten kardialen Auswurfs und damit einhergehender zerebraler Minderversorgung, verabreichte der behandelnde Notarzt Heparin und Diazepam bei fraglichem Anfall. Bei erschwerter Beurteilbarkeit (nach der Gabe von Diazepam) war der Patient bei Aufnahme tief-soporös, hatte eine zentrale Fazialisparese und eine schlaffe hochgradige Monoparese eines Armes. Im CT konnte eine Blutung ausgeschlossen werden, die CT-Angiographie zum Ausschluss einer Basilaristhrombose zeigte einen im Vergleich zur Voraufnahme neuen Verschluss der ACI bei bekanntem chronischen Verschluss der ACI auf der anderen Seite. Die notärztlich verabreichte Gabe von Heparin führte im Aufnahmelabor zu einer erhöhten PTT (=Kontraindikation gegen Thrombolyse). Bei mutmaßlichem zerebralen ischämischen Hirninfarkt wurde im Rahmen eines Heilversuches trotzdem eine systemische Thrombolyse durchgeführt, da aufgrund der sehr kurzen Halbwertszeit von Heparin bei Lysebeginn vermutlich keine verlängerte PTT mehr vorlag. Eine nochmalige PTT-Kontrolle direkt vor Lysebeginn gelang bei desolaten Gefäßverhältnissen nicht. Erfreulicherweise gelang mittels Lyse eine Wiedereröffnung der verschlossenen ACI und die neurologischen Ausfälle bildeten sich komplett zurück. Im MRT zeigte sich keine Hirnblutung und es demarkierten sich einige frische kleine Infarkte. Schlagwörter
Neurologie
Krankenhaus
Rettungsdienst
Boden
Medikamente / Substanzen / Infusionen
Nebenwirkungen
Labor
Kopf
Krampfanfall
Vigilanzminderung/Bewußtlosigkeit
Hemisymptomatik
Organisationale Strukturen
Informationsfluss
Verständlichkeit / Ausdrucksweise
Aus- und Weiterbildung
Leitlinien / SOPs
Was war besonders gut

(hat zur Abschwächung des Ereignisses oder zur Verhinderung geführt?)

Durchführung der Thrombolyse trotz vorliegender relativer Kontraindikation (Heparingabe)
Was war besonders ungünstig

(hat die Situation noch schlimmer gemacht)

- Nicht-indizierte Gabe von Heparin, der Patient hätte auch eine intrazerebrale Blutung haben können und es wurde die Thrombolyse maximal erschwert
- Unkritische Gabe von Diazepam, da nur fraglich überhaupt ein - wenn sehr kurzer - epileptischer Anfall vorgelegen hatte, der keine Indikation für Diazepam darstellt und die klinische Beurteilung bei Aufnahme quasi nicht ermöglichte.
Eigener Ratschlag Bessere Information/Schulung der Notärzte über die prähospitale Gabe (oder Nicht-Gabe) bestimmter Medikamente bei Verdacht auf Schlaganfall.
 Gedanken zur Analyse und zu Präventionsmöglichkeiten
Dieser Fall zeigt, dass der Faktor Mensch eine große Rolle spielt. Der Notarzt hat seinen Fokus auf ein cardiale Problematik gerichtet. Für ihn standen die neu aufgetretenen Rhythmusstörungen im Vordergrund. In seinem mentalen Modell hat sich alles passend zusammen gefügt. In Notfallsituationen neigen wir dazu, Entscheidungen zu schnell zu treffen. Wir empfehlen eine kurze Auszeit (10 Sekunden für 10 Minuten) zu nehmen und im kompletten Team noch einmal alles zusammen zu fassen und zu besprechen. Diese Maßnahme nimmt Dynamik aus dem Ereignis und sorgt für eine neue Bewertung des Ereignisses. Unter Umständen hätte dieser Schritt in diesem Fall zu einer ganz anderen Therapie geführt.
 PaSIS-Analyse in einzelne Analyseeinheiten aufgegliedert
nur beschriebene Felder werden angezeigt

CRM Konzept
Hilfe anfordern, lieber früh als spät
Der vorbehandelnde Arzt hat sich, als er keine Besserung erzielen konnte Hilfe geholt und den Patienten in die Klinik mit Notarzt eingewiesen.

CRM Konzept
Lenke Deine Aufmerksamkeit bewusst
Der Notarzt hat in diesem Fall seinen Fokus auf die cardiale Seite gerichtet, deshalb wurde Heparin verabreicht.

beitragender Faktor
klinischer Zustand, Bedingungen - (Patient)
Patient mit bekannter Carotisstenose war bei einer Hypotonie synkopiert. Der Pstient hat zudem neu aufgetretene Herzrhythmusstörungen.
 Hauptkategorien
 · 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: Patient
 · 2 Analyseeinheiten aus der Kategorie: Organisation
 · 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: Aufgabe ⁄ Maßnahmen
 · 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: Kommunikation
Alle Kategorien
Hilfe anfordern, lieber früh als spät · Habe Zweifel und überprüfe genau (Double check, nie etwas annehmen) · Lenke Deine Aufmerksamkeit bewusst · Re-evaluiere die Situation immer wieder (wende das 10-Sekunden-für-10-Minuten-Prinzip an) · klinischer Zustand, Bedingungen · klinischer Zustand, Bedingungen · organisationale Strukturen · Prioritäten, Fokus, strategische Ausrichtung · Leitlinien, Prozeduren und Vereinbarungen · verbale Kommunikation · 
 Maßnahmen zum Fallbericht