Ereignisbericht lesen

    



 Falsches Umsetzen der Hausmedikation in der KlinikRiskoeinschätzung
Bedeutung ⁄ Schweregradgefährlich ⁄ kritisch / negatives BeispielHäufigkeitnur dieses mal
Riskiko / Schwere: 4  ∼   Häufigkeit: 1
Rolle im EreignisPflegekraft / passivBerufserfahrungkeine Angabe
Patientenzustand
Wichtige Begleitumstände
Fallbeschreibung

(Was, Warum, Kofaktoren, Maßnahmen, Verlauf, Epikrise)

Pat. kommt in die Klinik mit dem Med. Gabapentin 300mg 1-0-1 tgl. Stationsarzt setzt das Medikament um in Lyrica 300mg 1-0-1. Patient hat nach einigen Tagen massive neurologische Ausfälle - Ataxien - kann nicht mehr laufen (knickt weg),kann nichts mehr halten (massives Zittern). Neurologissches Konsil wird angeordnet. Eine Pflegekraft denkt, es könne evtl. eine Nebenwirkung eines Medikamentes sein, schaut in der alten Akte nach und entdeckt, dass Pat. nie vorher Lyrica eingenommen hat und dass Gabapentin - Neurontin ist, meldet das dem diensthabenden Arzt. Lyrica (Pregabalin) wird abgesetzt. Nach mehreren Tagen lassen die neurologischen Ausfälle nach.Schlagwörter
Nebenwirkungen
Anamnese
Spezielle Befunde, Patientenunterlagen
Informationsfluss
Was war besonders gut

(hat zur Abschwächung des Ereignisses oder zur Verhinderung geführt?)

Pflegekraft hat gut reagiert.
Was war besonders ungünstig

(hat die Situation noch schlimmer gemacht)

Eigener Ratschlag
 Gedanken zur Analyse und zu Präventionsmöglichkeiten
Dieser Fall ist ein Beispiel für Risiken, die bei der Übertragung einer bestehenden Medikation entstehen können. An der "Schnittstelle" (hier: Patientenaufnahme) sollte besonderer Raum und Aufmerksamkeit für die Vormedikation des Patienten vorhanden sein. Folgende Probleme können hier diskutiert werden: 1. Es wurden ähnliche Medikamente gleicher Indikation (vermutlich "Therapie bei neuropathischem Schmerz") und Gruppe "Antikonvulsiva" verwechselt. 2. Die Medikamentenanordnung wurde nicht auf Inhalt überprüft. 3. Mögliche Hilfsmöglichekiten (Rückfrage Schmerzambulanz) wurden offensichtlich nicht wahrgenommen oder bestanden nicht. Die einzelnen Präparate bei Patienten mit umfangreicher Eigenmedikation, insbesondere z.B. chronische Schmerzpatienten mit differenzierten Therapien, die nciht so "offensichtlich" sind wie eine antihypertensive Therapie, sollten bei Aufnahme besonders aufmerksam untersucht werden: Patienten fragen, wofür er jedes einzelne Medikament nimmt (auch Dosis und - wenn möglich - seit wann). Oft ist der Patient eine gute Ressource für Informationen. Bei Unklarheiten möglicherweise Rückruf beim Hausarzt - er sollte den aktuellen Medikamentenstand und Indikation wissen... Hier wurde bei der Übertragung ein ähnliches Medikament aus der gleichen Gruppe (Antikonvulsivum) vermutlich mit der gleichen Indikation (Therapie neuropathischen Schmerzes) gewählt (Pregabalin = LyricaR statt Gabapentin = NeurontinR), aber die Dosierung nciht geändert. Aber die Dosis 2 x 300 mg ist im Falle des Gabapentins eher niedrig, bei Pregabalin aber die Maximaldosierung. Und durch das abrupte Absetzen des einen und Ansetzen des anderen Präparates sind Nebenwirkungen wie die beschriebenen durchaus möglich. Über die Gründe für die Verwechslung lässt sich spekulieren. War der Präparate- und Dosisunterschied bekannt - wie wurde die Änderung vorgenommen? Grundsätzlich solte bei einer Neuverordnung von Medikamenten bei Aufnahme eines Patienten (immer SCHRIFTLICH im Kardex) generell Generikum UND Handelsname im Kardex erscheinen (dann kann man später immer wieder in der Verordnung nachschlagen, wenn in den Kardexspalten Unklarheiten über die Zuordnung der Medikamente auftreten). Dazu deutlich die Dosis und Applikationsform. Werden Medikamente aus der Eigenmedikation des Patienten verändert, sollten sie extra z.B. rot gekennzeichnet werden. Die Pflegekraft,die die Anordnungen ins Kardex überträgt, sollte als ""zusätzliche Sicherung"" nochmals diese, oder auch unbekannte bzw. nicht gängige Medikamente in Nachschlagewerken kontrollieren dürfen / müssen (Rote Liste etc.). Dazu müssen slche ""cognitive aids"" am entsprechenden Arbeitsplatz leicht zugänglich sein - also nicht erst ins Nebenzimmer laufen, einen Computer hochfahren müssen.... Und zur Ausarbeitung der Medikation muss genügend Zeit und Ruhe zur Verfügung stehen (also nicht zwischen ""Tür und Angel""). Zeitdruck oder auch die Unsicherheit, nicht nachprüfen oder nachfragen zu dürfen ("Fragen tun nur Dumme!"), dürfen nicht dazu führen, dass Übertragungen falsch durchgeführt werden. Es kann nicht von Ärzte oder Pflegepersonal erwartet werden, dass allen alle Medikamente bekannt sind. Dies wäre eine irrige Anforderung. Seitens der Pharmaindustrie kommt aber das Problem hinzu, dass unterschiedliche Medikamente "zum Verwechseln ähnlich" klingen und naheliegende Namen nciht immer Naheliegendes bezeichnen (so könnte man vermuten, dass "GABApentin" und ""PreGABAlin"" das gleiche Medikamnt bezeichnen!). Umso mehr Bedeutung bekommt die Aktion bei Neuaufnahme des Patienten, damit es nicht hier durch Fehler dazu kommen kann, dass falsche Medikamente mit entsprechenden Nebenwirkungen über einen längeren Zeitraum verabreicht werden. Die Übernahme einer Medikation bei neuaufgenomenen Patienten muss klar in einem Algorithmus geregelt sein. Sie muss in ruhe und durch kompetentes Personal erfolgen, damit ärztliche Anordnung und Übertrag doppelt gecheckt werden können und Verwechslungen oder banale "Zahlendreher" bei der Dosierung verhindert werden können. Dies gilt insbesondere für Medikamente, die neu angesetzt odeer umgesetzt werden. Diese Mehrarbeit hier am Anfang - wenn sie im Stationsablauf akzeptiert ist! - erhöht die Sicherheit für den weiteren Verlauf enorm! Für chronische Schmerzpatienten sollte es bei Unklarheiten möglich sein, sich kurz bei Schmerztherapeuten (Anästhesisten mit Erfahrung in Schmerztherapie, Schmerzambulanz) rückzuversichern, ob Präparat und Dosis richtig übertragen wurden (gilt ja auch für Opioidpflaster, Daueropiodmedikation), die gern mal bei der Übertragung aus Unkenntnis ""unter den Tisch"" fällt, für den Patienten aber sehr relevante Folgen haben kann. Zusammenfassung der Maßnahemnempfehlung: 1. Algorithmus erarbeiten (ärztliches und pfelgwerisches Personal involvieren): Übernahme der Eigenmedikation bei Neuaufnahmen. 2. Patienten systematisch als Informationsquelle einbauen: Warum nimmt er was wann? 3. Genug Zeit, Ruhe und Hilfsmöglichkeiten schaffen für die Person, die die Medikation gegencheckt und die Verordnungen ins Kardex überträgt. 4. Über "schnelle Hilfe" auf dem kleinen Dienstweg nachdenken: Tel. Rückfrage Schmerzambulanz / Schmerztherapeuten im eigenen Haus möglich?


Maßnahmen:
1. Nachfrage bei der Apotheke in schriftlicher Form - auf einem Formular wird die Hausmedikation des Patienten eingetragen und an die Apotheke gefaxt, die Apotheke schreibt den Umsetzungsvorschlag auf das gleiche Formular und faxt es an die betreffende Station zurück. Nachteil, am Wochenende besteht nur ein Notdienst, der Arzt muss selbst nachschlagen. Der Arzt muss anschließend die Plausibilität überprüfen und das Meidkament schriftlich anordnen.
2. über ein EDV Programm kann das Hausmedikament des Patienten eingegeben werden, der Umsetzungsvorschlag wird eingeblendet. Dieses System wird gerade weiter ausgerollt.
 PaSIS-Analyse in einzelne Analyseeinheiten aufgegliedert
nur beschriebene Felder werden angezeigt
 Hauptkategorien
 · 1 Analyseeinheit aus der Kategorie: Aufgabe ⁄ Maßnahmen
 · 2 Analyseeinheiten aus der Kategorie: Kommunikation
Alle Kategorien
Beachte und verwende alle vorhandenen Informationen · Habe Zweifel und überprüfe genau (Double check, nie etwas annehmen) · Verwende Merkhilfen und schlage nach · Lenke Deine Aufmerksamkeit bewusst · Re-evaluiere die Situation immer wieder (wende das 10-Sekunden-für-10-Minuten-Prinzip an) · Entscheidungshilfen · verbale Kommunikation · geschriebene Kommunikation · 
 Maßnahmen zum Fallbericht